Frühblüher – Auf Blümchenjagd ohne Makroausrüstung

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Langsam erwacht die Natur wieder und die ersten Frühblüher beginnen sich ihren Weg durch das Laub des vergangenen Jahres zu bahnen. In diesem Jahr habe ich beschlossenen, mich auch der wunderbaren Welt der Frühblüher zu widmen. Zu meinem großen Glück wachsen in meinem „Hauswald“ Leberblümchen & Co. und bringen derzeit erste Farbtupfer auf den Waldboden.

 

Meine Ausrüstung für die Fotografie der Frühblüher

Ich besitze keine wirklich spezialisierte Makroausrüstung – der Hauptfokus meiner Fotografie liegt eigentlich auf Landschaften. Die Blümchen haben aber mein Herz erobert und so habe ich nach einer guten, flexiblen Lösung für mich gesucht. Die habe ich recht schnell gefunden! Meine Ausrüstung für die Frühblüher-Fotografie besteht aus:

  • Einer 135 mm-Festbrennweite mit maximaler Blendenöffnung f2.
  • Einem alten, russischen Heliosobjektiv mit einer Nahlinse.
  • Einem Bohnensack und einem kleinen Tischstativ.
  • Einem Infrarot-Fernauslöser.
  • Und meiner Kamera, da hab ich mir natürlich keine neue gekauft. 😉

Einen Teil dieses Equipments (das Heliosobjektiv, die Nahlinse und den Bohnensack) hatte ich schon. Das 135 mm-Objektiv ist neu, ebenso das kleine Stativ. Natürlich bin ich damit weit weg von den Möglichkeiten, die ein richtiges Makro bietet, aber es genügt mir für die Bilder, die mir derzeit vorschweben! Und ich musste keine Unsummen investieren, nur um in einem halben Jahr zu erkennen, dass es nur eine kurze Liebelei anstatt der großen Liebe war … das mit mir und den Frühblühern (bzw. den Blumen ganz allgemein). Denn das neue Objektiv stand sowieso auf meiner Wunschliste und beim Stativ habe ich zu einem gut bewerteten No-Name vom großen Fluss gegriffen.

Im Einsatz sieht das Ganze dann etwa so aus: Der Bohnensack ersetzt in diesem Fall das Stativ, um extrem bodennahes Arbeiten zu ermöglichen!

 

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Die Nahlinse im Einsatz

Eine Nahlinse ist im Endeffekt nichts anders als ein „Schraubfilter“, der direkt am Objektiv befestigt wird. Die Linse verringert einfach gesagt die Naheinstellgrenze des Objektivs – somit kommst du einfach näher an das Objekt der Begierde ran und kannst trotzdem noch scharf stellen. Die Stärke der Linsen wird in Dioptrien gemessen – umso mehr Dioptrie, umso stärker der Effekt. Meine Linse hat +4 Dioptrien, in der Kombination mit dem Heliosobjektiv komme ich damit auf ca. 20-30 Zentimeter Abstand an mein Motiv ran.

Das Ganze stellt also einen sehr kostengünstigen Einstieg in die Makrowelt dar! Die Linsen bekommst du teilweise schon um weniger als 50 Euro und deine Objektive kannst du einfach weiterverwenden. Natürlich gilt hier trotzdem: Du kommst nicht an die Qualität eines Makroobjektivs ran (das würde sonst ja keiner mehr kaufen) und (günstiges) Glas vorm Objektiv bedeutet sehr oft auch Qualitätseinbußen. Da musst du einfach für dich selbst abwiegen, wo die Grenze liegt.

 

Bild2
Eines der Bilder, welches mit der beschriebenen Kombi entstanden ist: In der 100%-Ansicht merkst du schon, dass die Schärfe nicht das ist, was heutige (Makro-)Objektive liefern können. Aber für erste Versuche und zum Rumprobieren für die ersten Frühblüher ist’s absolut ok! Und dieses Rumprobieren hat sich für mich als wichtig, spannend und notwendig herausgestellt. Denn so nahe am Motiv dran zu sein, bedeutet auch Einiges zu beachten, das ich vorher nicht so im Blick hatte!

 

Frühblüher – Das gibt es zu beachten

  • Der Wind, der Wind… der macht alles schwieriger. Vor allem den Fokuspunkt richtig zu setzen. Denn die Schärfeebene ist sehr klein und ein paar wenige Millimeter (oder noch weniger) entscheiden über ein brauchbares Bild und eines das gleich in den virtuellen Papierkorb kann. (Oder maximal und mit etwas Glück als „künstlerische Freiheit“ durchgeht.) Bläst der Wind, dann kannst du den Fokus noch so perfekt gesetzt haben, eine Sekunde später ist schon wieder alles anders. Kurze Belichtungszeiten müssen also her und das bedeutet Blende auf oder ISO rauf. Ich habe mich für ISO rauf entschieden, warum erkläre ich gleich.
  • Wenn ich mal Blümchen mit dem Teleobjektiv fotografiert habe, dann habe ich die Blende immer maximal weit geöffnet, damit ich das Pflänzchen möglichst freistellen konnte. Im Makrobereich bedeutet eine weitgeöffnete Blende, dass wirklich nur ein sehr kleiner Bildbereich scharf ist. Deshalb ist es da auch mal absolut üblich auf f/8 oder einen ähnlichen Wert abzublenden. Du kommst so nah ans Motiv ran, dass du es noch immer freistellen kannst. Da habe ich schon ein paar Stunden und Testbilder gebraucht, bis es „Klick“ gemacht hat… Damit beantwortet sich auch die Frage, warum ich für eine kürzere Belichtungszeit den ISO-Wert raufgedreht habe.
  • Es geht auch ohne Autofokus! Beide Objektive, die ich eingesetzt habe, besitzen keinen und ich konnte trotzdem fotografieren. Ich fand es ehrlich gesagt, sogar großartig! Man konzentriert sich, es braucht Ruhe und Geduld (… der Wind). Irgendwie vergleichbar mit der Nutzung eines Stativs. Fand ich anfangs doof und jetzt fotografiere ich nur in Ausnahmefällen ohne. Vielleicht wird’s beim Autofokus so, dass ich nur noch in Ausnahmefällen damit fotografiere? Jedenfalls benötige ich für die Makrofotografie keinen Autofokus. So fein kann der gar nicht arbeiten, wie es in dieser Spielart der Fotografie benötigt wird.
  • Die Schärfeebene ist sehr, sehr klein! Das hatte ich schon erwähnt. Ich weiß, sogar schon mehrfach, aber für mich war das so anders, das ich den Punkt nochmal hervorheben möchte. Gefühlt dreht sich alles in der Makrofotografie darum! Nein, das war natürlich übertrieben… Bildaufbau und Co. sind auch wichtig. Aber was hilft der beste Bildaufbau, wenn alles unscharf ist. Genau. 😉 Da musst du dich dann auch mal entscheiden, ob die vorderen Blütenblätter scharf sind oder eher die im hinteren Bildbereich (… bei einer Blüte).

 

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„Alles gut, ich bin NaturfotografIn“

Noch ein wichtiger Aspekt, den du nicht außer Acht lassen solltest: Du wirst dreckig! Als Landschaftsfotograf bekommst du vielleicht mal schmutzige Schuhe, aber sonst stehst du mit deinem Stativ in der Gegend rum.

Bist du auf der Suche nach Frühblühern oder anderen Blümchen und musst mit der Kamera möglichst nahe ran, dann liegst oder kniest du andauernd irgendwo am Boden. Meine Hose war nach kurzer Zeit durchnässt, vor allem an den Knien und voller Erde. Was irgendwie auch toll war – früher wurde ich geschimpft, wenn ich so nach Hause gekommen bin. Heute kann ich sagen: muss so sein, ich bin Naturfotografin. (Und du lernst neue Leute kennen, ich wurde von einigen Spaziergehern gefragt, ob ich Hilfe benötige… wieder war die Antwort „nein, danke, alles gut – ich bin Naturfotografin“.)

 

Frühblüher fotografieren mit dem Teleobjektiv

Mein zweites Objektiv, das ich mir unter anderem mit dem Hintergedanken angeschafft habe, damit Frühblüher & andere Blumen zu fotografieren, ist eine 135 mm-Festbrennweite. Die maximale Blendenöffnung ist f2 – und das Objektiv ist auch bei dieser Blendenöffnung schon extrem scharf. Wirklich richtig scharf! Ich bin, was Bildschärfe angeht ein kleiner Fetischist (sofern es mein Budget zulässt – Nahlinse statt Makroobjektiv und so) und gerade bei Objektiv-Neukäufen ist das für mich ein ganz wichtiger Punkt. Für dieses Objektiv habe ich mich „vom technischen her“ also hauptsächlich aus drei Gründen bzw. eigentlich vor allem der Kombination dieser Gründe entschieden:

  • Schärfeleistung schon bei f2 und nicht erst, wenn du auf f2.8 oder noch weiter abblendest.
  • Die mit 80 cm recht kleinen Naheinstellgrenze. Die Naheinstellgrenze beschreibt wie nah du deinem Motiv kommen und dabei noch scharfstellen kannst (gemessen ab dem Sensor!). Ist dieses Objektiv also nur 10 cm von der Blume entfernt, dann bekommst du die Blume nie scharf. 80 cm klingen viel, sind sie aber nicht. Bei vielen anderen Teleobjektiven bewegst du dich da gleich mal in einem Bereich von einem bis zwei Metern oder mehr. Mir war schon klar, dass ich mich hier bewusst gegen ein Makroobjektiv entscheide, aber nah ran kommen schadet nicht.
  • Die Brennweite. Ich besitze schon seit einiger Zeit ein „Altglas“ mit dieser Brennweite und habe auch damit schon immer mal wieder Blumen (oder auch mal ein Portrait von Freunden & Familie) fotografiert. Deshalb wusste ich, dass ich die 135 mm mögen würde.

 

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Faszination Blumenbilder

Ich bin fasziniert von Blumenbildern, bei denen die Pflanze als Ganzes in ihrem Lebensraum gezeigt wird und sowohl Hintergrund als auch Vordergrund unscharf sind. Das war der „künstlerisch / fotografische“ Beweggrund, warum ich mich für dieses Objektiv entschieden habe. Makros wollte ich lieber mit dem schon beschriebenen Equipment einmal ausprobieren. Bei dem Teleobjektiv war ich mir recht sicher, dass ich mit (mehr oder weniger) Übung irgendwann die Bilder machen kann, die ich im Kopf habe!

 

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Meine Erwartungen hat die Linse voll erfüllt. Super scharf, Motiv freistellen (mit unscharfem Vordergrund und Hintergrund) klappt, Scharfstellen geht sehr genau und geschmeidig, die Farben sind schön, das Bokeh ist klasse – alles gut!

Obwohl es kein richtiges Makroobjektiv ist (Abbildungsmaßstab ist etwa 1:4), ist die Schärfeebene bei geöffneter Blende trotzdem sehr klein! Heißt also: auf wenig Wind hoffen und üben. Vor allem, wenn du durch andere Pflanzen durchfotografierst (wie bei dem gerade gezeigten Bild, das grüne sind Blätter im Vordergrund), wird das Fokuspeaking der Kamera merklich abgeschwächt und du musst schon genau schauen und arbeiten.

 

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Die Fotografie der Frühblüher und ihre Tücken

Zwei, drei Dinge habe ich ja schon erwähnt: Du wirst schmutzig und du musst leidvoll erkennen, dass in deiner Wohngegend immer der Wind bläst. Passanten fragen sich, was mit einem nicht stimmt. Aber davon lässt sich der geneigte Naturfotograf nicht abhalten. Hast du den idealen Platz gefunden, tut sich aber schon die nächste Frage auf: „Wie soll ich es schaffen, mich inmitten der Frühblüher zu platzieren, ohne einer was zuleide zu tun?“

 

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Das liegt mir tatsächlich sehr am Herzen! Klar, es kommt schon mal vor, dass man aus Unachtsamkeit ein Blümchen niedertritt, da kann vermutlich keiner für sich beanspruchen, dass das nie passiert. Aber (ein großes ABER) es darf auf gar keinen Fall der „Bilderfolg“ über der Natur stehen! Leg dich nicht mitten rein in hundert blühende, wunderschöne Leberblümchen (oder Buschwindröschen oder Krokusse… die Liste lässt sich beliebig fortsetzen), die du dadurch zerstörst, nur weil du eines davon fotografieren möchtest! Dann musst du halt eine andere Position für dich und deine Kamera finden! Dieser Respekt und der achtsame Umgang mit unserer Natur, sind für mich ganz wesentliche Aspekte meiner Fotografie.

Ich bin also in teilweise sehr unbequemen Positionen am Boden gekniet und habe ziemlich viel Zeit in der Hocke verbracht (die Oberschenkel danken es!). Ich wollte nun mal nichts zerstören und zugleich halt auch genau „dieses“ Foto haben. Und habe dabei auch das Klappdisplay meiner Kamera und meinen Fernauslöser lieben gelernt. Und erkannt, dass hinter schönen Blümchenaufnahmen wesentlich mehr steckt.

 

Fragen über Fragen

Denn es genügt eben nicht einen guten Platz zu finden, tolles Equipment zu haben, die Kamera einzuschalten und schon sammeln sich die wunderschönen Aufnahmen auf der Speicherkarte, weil es ja schon auf einem Quadratmeter unzählige Motive gibt. Gerade die Unzahl an Motiven hat mich gleich mal überfordert (und überfordert mich noch immer)!

Wo platziere ich die Frühblüher, wie z.B das Leberblümchen, im Bild damit es gut aussieht? In welche Richtung sollte es „schauen“, wie scharf oder unscharf darf der Hintergrund sein, damit es am Foto wirkt? Wie viele Blümchen dürfen überhaupt mit aufs Foto? Jede Menge Fragen und Dinge, die es zu bedenken gilt! Und dann spielt wie immer in der Fotografie das Licht auch noch mit. Aber genau dieses Zusammenspiel so vieler Faktoren ist es auch, was mich so fasziniert! Eine Handvoll Frühblüher eröffnen einem eine riesige Spielwiese an fotografischen Möglichkeiten. Und je nach Tageszeit und somit Lichtstimmung ist wieder alles anders.

 

 

Mich hat sie, glaube ich, voll erwischt, diese Sache mit den Frühblühern! Es ist ein wundervoller Zeitvertreib im Wald und auf den Wiesen unterwegs zu sein und mit der Kamera diese ersten Frühlingsboten in Szene zu setzen – auch ohne „richtige“ Makroausrüstung!

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