Manfred Auer hat sich auf die „Ultra-Makrofotografie“ spezialisiert, er arbeitet meist mit Maßstäben von 4:1 oder 8:1.
Manfred Auer, dein fotografisches Spezialgebiet ist die Makrofotografie von Insekten. Wie kam es dazu, dass du dich darauf spezialisiert hast?
Insekten haben mich schon seit meiner Kindheit fasziniert. Als ich schließlich meine erste „bessere“ Kamera, eine Nikon D7000, bekam, wollte ich natürlich auch Insekten fotografieren. Doch ohne Makroobjektiv erwies sich das als äußerst schwierig. Deshalb konzentrierte ich mich zunächst auf die Landschaftsfotografie. Einige Jahre später kaufte ein guter Freund das Nikon 105mm Makro-Objektiv und lieh es mir für ein paar Tage. Schon bei den ersten Aufnahmen verliebte ich mich in diese spezielle Art der Fotografie, die mich seitdem nicht mehr loslässt. Nach und nach stellte ich mir das passende Equipment zusammen und wechselte komplett auf OM-System (ehemals Olympus).
Ich finde es faszinierend, welche Details sich in unserer Umgebung verbergen, die oft keine Beachtung finden. Das Ungesehene sichtbar zu machen, ist für mich zur Mission geworden – und heute fotografiere ich fast ausschließlich die kleinen Dinge um uns herum.
Magst du uns noch ein bisschen mehr darüber erzählen? Wie und wo findest du vorrangig deine Motive?
Meine Hauptmotive sind vor allem Insekten und Spinnentiere. Auch Schleimpilze, wie mein Siegerfoto vom letzten Wettbewerb zeigt, können faszinierende Motive sein. Die Herausforderung besteht darin, diese „Fotomodelle“ zuerst zu finden und dann bestmöglich abzulichten. Auf der Suche nach Insekten bin ich vor allem spät in der Nacht oder sehr früh morgens unterwegs. Diese Zeiten bieten einige Vorteile: Bei niedrigeren Temperaturen sind die Tiere ruhiger, manchmal sogar wie „eingefroren“ und bewegen sich kaum. Oft sind sie dann auch von Tautropfen bedeckt, was für besondere Effekte sorgt.
Schleimpilze hingegen bewegen sich zwar nicht, sind aber umso schwerer zu finden, da sie nur in der Fruchtkörperphase interessant sind, die teilweise nur wenige Stunden andauert. Zudem sind diese Fruchtkörper meist nur 1-3 mm hoch und wachsen auf der Unterseite von Totholz – hier ist also genaues Hinsehen Pflicht.
Was zeichnet für dich ein gelungenes Makrofoto aus?
Das ist eine wirklich gute Frage, denn oft reicht es nicht aus, „nur“ ein stark vergrößertes Insekt zu zeigen – auch die Bildkomposition muss stimmen. Ich habe mich im Wesentlichen auf Ultra-Makros spezialisiert, also auf Vergrößerungsmaßstäbe von 4:1 oder 8:1. Bei diesem Maßstab erfasst man meist nur einen Teil des Insekts, etwa das Gesicht oder einzelne Körperteile. Eine passende Komposition zu finden ist besonders anspruchsvoll, da das Ergebnis erst nach dem Zusammenfügen der einzelnen Bilder mittels Fokus-Stacking am Computer sichtbar wird. Mir persönlich gefallen symmetrische, frontal aufgenommene Aufnahmen von den Gesichtern der Insekten sehr.
Was ist die Schwierigkeit bei diesen extremen Nahaufnahmen?
Bei diesen hohen Vergrößerungsmaßstäben hat man oft nur einen winzigen Bruchteil eines Millimeters im Fokus, während der Rest des Bildes unscharf bleibt. Zwar könnte man die Blende weiter schließen, um mehr Schärfentiefe zu erreichen, doch das funktioniert nur bedingt und führt häufig zu Problemen mit der Beleuchtung. Daher verwendet man das sogenannte „Fokus-Stacking“: Dabei nimmt man eine Serie von Aufnahmen auf, bei denen nach jedem Foto der Fokus minimal nach hinten verschoben wird, bis der gesamte Bereich im Bild erfasst ist. Anschließend werden diese Bilder mithilfe spezieller Software am Computer kombiniert, die nur die jeweils scharfen Bereiche zusammenfügt und so das finale Foto erzeugt.
Für die höchste Vergrößerung und bei besonders kleinen Schrittweiten benötige ich oft zwischen 50 und 150 Einzelaufnahmen für ein einziges Bild – manchmal sogar mehr. Während dieser Zeitspanne von etwa 10–20 Sekunden muss das Insekt und auch die Kamera absolut ruhig bleiben, da jede kleinste Bewegung die gesamte Bildreihe unbrauchbar machen würde. Auch das Licht ist eine Herausforderung: Ein Blitz ist fast immer notwendig, da das natürliche Licht oft nicht ausreicht. Doch das direkte Blitzlicht ist zu hart, weshalb ich einen speziellen Diffusor verwende, um ein weiches, angenehmes Licht auf das Motiv zu werfen. Der Blitz muss zudem in der Lage sein, über 100 Aufnahmen in kürzester Zeit zu unterstützen (bei einer Blitzleistung von 1/32 oder 1/64), damit es während der Bildreihe zu keinen Aussetzern und somit zu schwarzen Frames kommt.
Genau hier kommen die großen Vorteile von OM-System ins Spiel, die das Auto-Bracketing nahezu perfektioniert haben. Man fokussiert auf den vordersten Punkt des Motivs, drückt den Auslöser, und der Rest geschieht automatisch. Am Ende der Bildreihe genügt ein weiterer Druck auf den Auslöser, um die Aufnahmen zu beenden.
Gibt es ein spezielles Motiv, das du noch nicht vor der Linse hattest und das du gerne fotografieren möchtest?
In der Sommersaison 2024 konnte ich viele Arten von meiner „Bucket List“ finden und fotografieren. Doch es bleibt immer etwas zu entdecken – besonders bei der Vielfalt an Insekten und Schleimpilzen. Eines meiner meistgewünschten heimischen Motive ist der vom Aussterben bedrohte Alpenbockkäfer. Außerdem zieht es mich zunehmend in tropische Regionen mit einer Artenvielfalt, die Österreich leider nicht bieten kann.
Welche Tipps hast du für Fotografen, die sich auf dem Gebiet der Makrofotografie weiterentwickeln möchten?
Makrofotografie ist so faszinierend, weil sie fast überall möglich ist – ob im eigenen Garten oder in Naturschutzgebieten. Die Chancen, interessante Motive zu finden, sind nahezu unbegrenzt. Spezielle Objektive und Kameras mögen teuer und komplex erscheinen, doch es gibt bereits hervorragende Low-Budget-Kombinationen, mit denen man einsteigen kann, ohne tief in die Tasche greifen zu müssen. Ich kann es jedem ambitionierten Fotografen nur ans Herz legen, es einmal auszuprobieren, um den eigenen fotografischen Horizont zu erweitern.
Schon als Kind habe ich meine Freizeit am liebsten draußen verbracht! Die Begeisterung zur Natur, zum Abenteuer und zum Reisen ist für mich von sehr großer Bedeutung, ebenso die Liebe zur Fotografie. Berichte und Fotos gibt es auf meiner Homepage zu sehen.
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