Ich freue mich, Euch ein weiteres Mikrofotografie-Projekt „Anatomie der Nadeln / Blätter der Nadelbäume“ und ein paar seiner Meilensteine vorzustellen. Zunächst, wie wurde mein Interesse an dem Thema überhaupt geweckt?
Wie alles begann
Während mich die Naturfotografie seit meiner Jugend fasziniert, kam ich erst vor gut 30 Jahren mit dem Mikrofotografie-Virus in Kontakt. Einige von Euch erinnern sich sicher noch an Lothar Sandmann, der mir in der Fotografie ein guter Freund und Lehrmeister war. Geduldig hat er sich immer wieder bemüht, mich für die Mikrofotografie zu begeistern und hat von den Experten der Mikroskopischen Gesellschaft Wien erzählt. Damals entstanden erste fotografische Versuche mit Kristallen, jedoch hat mich die Qualität der analogen Aufnahmen nicht überzeugt und so habe ich das Thema nicht weiterverfolgt. Im Jahr 2003, mit meiner ersten digitalen Canon Vollformatkamera war dieser Nachteil überwunden. Man hatte sofort ein Ergebnis und wusste damit unmittelbar, ob man erfolgreich war (das galt ab da natürlich für jedes Foto). Mit den Techniken Fokus-Stacking und Stitching konnte man zusätzlich in weitere Dimensionen vordringen.
Faszination Mikrofotografie
Was mich grundsätzlich an der Mikrofotografie so fasziniert, ist der Umstand, Details im Bild herauszuarbeiten, die man mit dem freien Auge nicht erkennen kann und so Verborgenes sichtbar wird.
Nadelbäume interessieren mich schon lange und so kam ich auf die Idee mich zu fragen, wie denn so eine Nadel aufgebaut ist. Es gibt weltweit über 600 Nadelbaumarten, etliche davon sind in Österreich heimisch (z.B. Tanne, Fichte, Zirbe oder Lärche), in diversen Parks (von Wien) und in Botanischen Gärten gibt es weitere Vertreter und so herrscht kein Mangel an geeignetem Material.
Mein erstes Sammelgebiet waren das Alte AKH und der Türkenschanzpark (Wien). Nach dem Sammeln werden die Nadeln fixiert, mit dem Mikrotom in dünne Scheibchen geschnitten, gefärbt, auf einen Objektträger präpariert und am Ende unter dem Mikroskop fotografiert. Bis ein einzelnes Motiv fertig für den Print ist, vergehen viele Tage.
Nach einigen Monaten waren so Mikrofotografien inkl. Ausstellungsprints von zwanzig Nadelbaumarten beisammen. Betrachtet man die Ausstellungsprints (auf ca. 1 m ausgedruckt) und vergleicht die Nadeln, sieht man die Ähnlichkeiten, aber auch die feinen Unterschiede innerhalb der Gattung (z.B. Kiefern). Um das jedoch genauer zu erforschen, müsste man aber viele Präparate vergleichen.
Nadelquerschnitte
Im Zuge dieser ersten Serie stellte sich mir die Frage, wie wohl die Nadelquerschnitte aussähen, wenn man sie frisch – also ohne Fixieren und Färben – fotografierte? Würde man sie einfach im Durchlicht betrachten, würden die Grün- und Brauntöne überwiegen. Dass mich das nicht besonders begeistert, ist leicht nachvollziehbar und es entstand die Plan, die Nadeln mit Hilfe von UV-Licht anzuregen (Schutzeinrichtung notwendig!). Gedacht, getan. Es hat ein paar Monate Vorbereitung und tiefer technischer Auseinandersetzungen bedurft, bis es endlich funktioniert hat.
In meinem Fall rege ich die Zellen der frisch geschnittenen Nadelscheibchen unter UV-Licht (im Wellenlängenbereich von 340 nm aufwärts) an. Durch diese Anregung senden die Zellen Licht im sichtbaren Spektrum in Richtung Kamera und genau dieses wird dann fotografiert. Wegen der geringen Lichtmenge, die zurückgesendet wird, benötigte ich anfangs Belichtungszeiten bis zu 30 Sekunden. Damit war aber an Stacking und Stitchen (mein Ziel sind immer Ausstellungsprints) nicht zu denken, weil die Zellen rasch ermüden und schließlich sogar absterben.
Optimierungen
Dank der höheren ISO-Fähigkeit der neuen Kameras und weiterer Optimierungen im Beleuchtungsstrahlengang konnte ich das Projekt im vergangenen Jahr nun realisieren und so gibt es in der Zwischenzeit zahlreiche Nadeln, die mit dieser Technik fotografiert wurden.
Vergleicht man – rein aus ästhetischer und Prozesssicht – die beiden Ansätze, so ist der Zeitaufwand bei den gefärbten Schnitten unvergleichlich viel höher, die Bilder sind aber, abhängig von der gewählten Färbung, bunter. Fotografiert man im UV-Licht, muss man rasch(!!) arbeiten, die Bilder ähneln sich aber (viel Rot, etwas Gelb und Grün). Aus pflanzenanatomischer Sicht bringt die Kombination der beiden Techniken natürlich mehr Einblick in den Aufbau der Nadeln.
Allgemeine technische Informationen
Für eine solche Aufnahme werden zwischen ein paar Hundert bis zu 30.000 Einzelfotos zu einem Bild verrechnet, bestehend aus einzelnen Stacks aber auch aus Panoramastacks mit bis zu 60 Einzelstapeln. Zwischen 40- und 1.000-facher Vergrößerung. Kameras: Nikon D850 und Nikon Z6. Mikroskope von Olympus der Serien BX-50 und BX-60, deren Stative von mir umgebaut wurden. Der Umbau betrifft zwei Bereiche, den automatisierten Transport in der z-Achse (Höhe) und die Möglichkeit aktuelle Kameras anzuschließen. Die Objektive sind alles APO Objektive, teilweise für den UV-Bereich optimiert. Um die Auflösung weiter zu erhöhen, können bei speziellen Objektiven die Luftschichten durch Immersionsöl ersetzt werden, das ist dann eine Schicht unter dem Objektträger und eine über dem Deckglas.
Ich will Euch aber nicht mit weiteren Details fadisieren, viel lieber zeige ich Euch ein paar Bilder und Ihr könnt Euch selbst ein Bild machen und Euch an der puren Schönheit erfreuen. Wer Lust auf mehr hat, kann sich gerne bei mir melden, bei einem meiner Mikrofotoseminare einmal ausprobieren, ob er/sie das Thema vertiefen möchte oder einmal als Gast bei der Mikroskopischen Gesellschaft Wien vorbeischauen. Ich bin dort in der Zwischenzeit im Vorstand. Seit längerem bin ich auch einer der Moderatoren im Deutschen Forum für Mikrofotografie.
Bildbeschreibungen Arbeitsbilder:
- Schwarzkiefer in Holundermark eingebettet und in einem Ultramikrotomprobenhalter eingespannt. Jung HN-40 Mikrotom mit Einmalklinge, Schnittdicke 0,035 mm.
- Sechs Schnitte der Schwarzkiefer zum Fixieren in AFE eingelegt; im Zuge der Fixierung verschwindet die Farbe gänzlich.
- Die Bearbeitungskontrolle und das Färben führe ich bei den winzigen Nadelquerschnitten zur Gänze unter dem Stereomikroskop durch. Um die Schnitte nicht zu beschädigen, wird mit 2 Marderhaarpinseln der Größe 000 gearbeitet.
- Nach dem Färbe- und Entwässerungsprozess wird mit Eukitt eingedeckt, dazu werden zwei Pinzetten verwendet. Damit keine Luftblasen entstehen, wird das Deckglas zunächst mit einer Kante auf dem Objektträger aufgesetzt und anschließend langsam über die Seitenfläche abgesenkt.
- Einstellung der Aufnahme via Live Bild. Es sind zwei Rechner im Einsatz, unterm Tisch ein 12 Core Mac Pro für die Berechnung und am Tisch ein Mac Air 11“ zur Steuerung der z-Achse am Mikroskop. Das Mikroskop ist ein Olympus BX-50. Die Nadel am Bildschirm ist der Ausschnitt einer Zedernnadel.
Bildbeschriftung Bilder
Schwarzkiefer
Das Bild zeigt ein Frischpräparat. Der Schnitt liegt unter einem Deckglas in entmaterialisiertem Wasser auf dem Objektträger. Die Beleuchtung ist Auflicht-Fluoreszenz mit einer HBO Lampe, der verwendete Filtercube ist „Nearband Blue“. Mikroskop Olympus BX-60, Kamera Nikon Z6. Es wurden mehrere Bilderstapel zu einem Panorama zusammengerechnet.
Panzerkiefer
Das Bild zeigt ein Dauerpräparat. Der Schnitt ist mit W3A Färbung nach Robin Wacker gefärbt und mit Eukitt eingedeckt. Die Beleuchtung ist Durchlicht mit einer Halogenlampe. Mikroskop Olympus BX-50, Kamera Nikon D850. Es wurden mehrere Bilderstapel zu einem Panorama zusammengerechnet.
Lawson-Scheinzypresse
Das Bild zeigt ein Dauerpräparat. Der Schnitt ist mit W3A Färbung nach Robin Wacker gefärbt und mit Eukitt eingedeckt. Die Beleuchtung ist Durchlicht mit einer Halogenlampe. Mikroskop Olympus BX-50, Kamera Nikon D850. Es wurden mehrere Bilderstapel zu einem Panorama zusammengerechnet.
Ich bin Baujahr 1963, mit der Fotografie beschäftige ich mich seit meiner Jugend. Ich komme daher von der Analogfotografie und habe dort viele Jahre mit KB, MF und Großformat bis 8×10″ verbracht. Seit 2010 beschäftige ich mich intensivst mit den unterschiedlichen Techniken der Mikroskopiefotografie.
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