Eine Reise nach Hokkaido im Winter ist eine Reise ins Winterwunderland. Hokkaido, die nördlichste der vier japanischen Hauptinseln, ist für ihre Schneemengen und Kälte bekannt. Im Nordosten der Insel gibt es die Möglichkeit Mandschurenkraniche, Riesenseeadler und Singschwäne zu beobachten. Im Februar 2020 war ich als Fotoguide unterwegs mit der Japanologin Silvia Groniewicz und einer kleinen Gruppe Hobbyfotografen.
Die Mandschurenkraniche auf Hokkaido
Die Suche nach den Mandschurenkranichen im Kushiro-Shitsugen Nationalpark hat nicht lange gedauert. Direkt neben der Hauptstraße entdeckten wir ein Feld mit rund hundert der eleganten Vögel. Sie sind insbesondere für ihre Leidenschaft zum Tanzen bekannt.
Im Winter des Jahres 1952 gab es nur noch 30 Exemplare. Der Winter war extrem kalt, sodass die Bäche zufroren und den Kranichen den Weg zu ihrer Nahrung versperrten. Bauern und Schulkinder begannen die Kraniche mit Getreide zu füttern. Diese Maßnahme stellte ihr Überleben sicher und ist zur Tradition im Kushiro-Nationalpark geworden. Inzwischen ist die Population auf 900 Mandschurenkraniche angewachsen. Auf mehreren Feldern werden die Kraniche täglich gefüttert, sodass sie im Winter nicht mehr Richtung Süden fliegen.
Als es zu schneien begann und die Kraniche tanzten, verwandelte sich die Szenerie in eines der berühmten japanischen Winterbilder.
Nach zwei Tagen mit den Kranichen ging es weiter zum 80 km nördlich gelegenen Kussharo See im Akan Nationalpark. Dort versammeln sich im Winter hunderte Singschwäne und nutzen die durch heiße Quellen geschaffenen Flächen im See. Ein paar japanische Fotografen lockten die Schwäne mit Futter zwischen zwei heißen Quellen, um zu spektakulären Bildern der startenden und landenden Schwäne zu kommen.
Die zwei Vulkanseen im Akan Nationalpark der Kussharo und der Mashu See gelten als die schönsten Seen Japans. Die verschneite Landschaft rund um die Seen und die heißen Schwefelquellen des Vulkan Io sind schlicht spektakulär.
Das Highlight der Reise
Aber das Highlight der Reise sollte noch folgen. Wir fuhren in den äußersten Nordosten von Hokkaido, durch kleine Dörfer, hielten an tiefverschneiten Tempeln mit ihren pittoresken roten Dächern und Fischerhäfen, mit auf Holzkonstruktionen aufgebockten Fischerbooten. Die verschneiten, blau-weißen Boote mit einem farbigen Streifen sind ideal für grafische Aufnahmen. Im Nordosten sind die Strecken zum Glück nicht weit und so kamen wir nach 120 km auf die Shiretoko Halbinsel mit dem gleichnamigen Nationalpark, auch UNESCO Weltnaturerbe. Im Sommer ist die wilde Halbinsel und die Küste Lebensraum von Braunbären, Seelöwen und Orcas. Im Winter versammeln sich auf dem Packeis, das sich ab Mitte Februar vor die Insel schiebt, um die tausend Riesenseeadler sowie Seeadler.
Noch im Dunkeln unternahmen wir von Rausu aus eine 3-stündige Fotoexkursion mit einem kleinen Eisbrecher ins Packeis, um die Riesenseeadler zu fotografieren. Als es langsam heller wurde, sahen wir schon die ersten Silhouetten dieser riesigen, majestätischen Adler gegen das Morgenrot. Und leise rieselte der Schnee – eine traumhafte Stimmung. Als der Motor des Bootes ausgeschalten wurde, war nur das eifrige Rattern der Kameraverschlüsse zu hören. Wir waren von hunderten Adlern umgeben, schwer sich auf einen zu konzentrieren. Manchmal erwischte ich einen Riesenseeadler beim erfolgreichen Fischfang. Spannend wurde es auch wenn die kleineren und wendigeren Seeadler dem größeren Cousin den frischen Fang abjagen wollten.
Auch wenn es bei uns einen Winter gibt, ist eine Reise ins Winterwunderland Hokkaido für jeden Fotografen eine Reise wert.
Oliver arbeitet als Reisefotograf. Sich selbst beschreibt er als „Allrounder“: „Ich fotografiere gerne alles, was überraschend, interessant und packend ist.“
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